In der klassischen Softwareentwicklung ist Testing längst Standard. Im Data Engineering dagegen wird es oft noch stiefmütterlich behandelt – obwohl gerade hier riesige Datenmengen, komplexe Pipelines und ständig wechselnde Anforderungen aufeinandertreffen.
Fehlende oder fehlerhafte Tests führen nicht nur zu technischer Unsicherheit, sondern auch zu Vertrauensverlust in die Daten – ein echtes Risiko für jedes datengetriebene Unternehmen.
Doch was sollte man im Data Engineering eigentlich überhaupt testen? Und wie sieht eine sinnvolle Teststrategie aus, die sowohl technische Logik als auch die Qualität der zugrunde liegenden Daten absichert?
In diesem Artikel zeige ich dir, wie du eine strukturierte Teststrategie für Databricks-Projekte entwickelst – mit klarer Trennung von Unit-, Integrations- und Datenqualitätstests. Du bekommst praktische Empfehlungen und erfährst, welche Tools dir helfen können, deine Pipelines robuster und vertrauenswürdiger zu machen.
Warum Testen im Data Engineering besonders ist
Testing in Data Engineering-Projekten unterscheidet sich deutlich von klassischer Softwareentwicklung. Das liegt vor allem daran, dass sich Daten ständig verändern – oft sogar ohne Vorwarnung.
🔄 Daten sind keine Konstante
Wo in klassischen Anwendungen feste Inputs getestet werden, ist im Data Engineering alles im Fluss:
Neue Spalten tauchen plötzlich auf
Formate ändern sich über Nacht
NULL-Werte schleichen sich ein
Und das alles in produktiven Systemen. Eine Transformation, die heute funktioniert, kann morgen schon scheitern – ohne eine einzige Codeänderung.
🧠 Technische vs. fachliche Tests
Tests im Data Engineering müssen nicht nur die technische Korrektheit prüfen (funktioniert mein Mapping?), sondern auch die fachliche Validität:
Sind alle Pflichtfelder befüllt?
Gibt es doppelte Einträge?
Stimmen Fremdschlüsselbeziehungen?
Verletzen wir Businessregeln?
Diese Tests liegen oft nicht nur in Entwicklerhand, sondern auch bei Data Ownern und Fachbereichen.
🎯 Konsequenz: Mehrdimensionales Testen
Deshalb braucht es im Data Engineering eine mehrdimensionale Teststrategie:
Unit-Tests für Transformationen
Integrationstests für gesamte Pipelines
Datenqualitätstests für die eigentlichen Inhalte
Im nächsten Kapitel schauen wir uns diese drei Ebenen im Detail an – und wie sie zusammenspielen.
Die drei Säulen der Teststrategie
Eine saubere Teststrategie im Data Engineering basiert auf drei klar abgegrenzten Testarten. Jede davon erfüllt einen eigenen Zweck – und nur zusammen sorgen sie dafür, dass deine Pipelines wirklich verlässlich laufen.
1. Unit-Tests
Unit-Tests prüfen einzelne Funktionen oder Transformationen isoliert – ohne echte Datenquellen oder Ziele.
💡 Beispiel:
Eine Funktion, die Umsatzwerte in Kategorien einteilt (high
, medium
, low
), wird mit kontrollierten Testdaten gefüttert. Ziel ist es, die Logik korrekt und unabhängig von der Umgebung zu testen.
Typische Fragen:
Gibt die Funktion bei bestimmten Eingaben das richtige Ergebnis zurück?
Werden Sonderfälle (NULL-Werte, negative Zahlen, etc.) korrekt behandelt?
Tool-Tipp: Pytest, kombiniert mit assert
und kleinen DataFrame-Vergleichen, ist hier erste Wahl.
2. Integrationstests
Hier wird die gesamte Pipeline oder ein größerer Teil davon getestet, inklusive Datenzugriff und Persistierung.
💡 Beispiel:
Ein Test schreibt Rohdaten in eine temporäre Tabelle, führt alle Transformationen durch und prüft am Ende das Ergebnis. So lässt sich sicherstellen, dass alle Abhängigkeiten korrekt zusammenspielen.
Integrationstests sind ideal, um:
End-to-End-Flows zu validieren
Versionsänderungen von Libraries oder Spark zu testen
Upstream-Fehler frühzeitig zu erkennen
Tools wie dbx oder dedizierte Staging-Umgebungen helfen bei der Umsetzung.
3. Datenqualitätstests
Der dritte Block konzentriert sich auf die Daten selbst – egal, ob Transformationen technisch korrekt laufen oder nicht.
💡 Beispiel:
Prüfe nach dem Laden, ob Pflichtfelder (customer_id
, email
) befüllt sind, ob es Dubletten gibt oder ob alle Länder aus einer Referenztabelle stammen.
Solche Regeln helfen, stille Fehler zu entdecken, bevor sie in Dashboards oder Machine Learning Modelle einfließen.
Tools wie Great Expectations, Soda oder Spark-interne Checks (z. B. EXPECT
in Delta Live Tables) sind dafür gemacht.
Diese drei Testarten ergänzen sich – und sollten gemeinsam geplant und gepflegt werden. Im nächsten Kapitel schauen wir, was genau du konkret testen solltest – also welche Regeln sich wirklich lohnen.
Was solltest du konkret testen?
Die Frage „Was soll ich eigentlich testen?“ ist in Datenprojekten nicht trivial – und hängt stark vom Use Case ab. Trotzdem gibt es eine Reihe von universellen Prüfungen, die in fast jedem Projekt sinnvoll sind. Hier sind die wichtigsten Kategorien, die du in deine Datenqualitätstests aufnehmen solltest:
🧬 Schemavalidierung
Prüfe, ob das erwartete Schema der Tabelle eingehalten wird:
Sind alle Spalten vorhanden?
Haben sie den richtigen Datentyp?
Gibt es unerwartete Spalten?
Gerade bei CSV- oder JSON-Quellen mit wenig Schema-Disziplin ist das ein häufiger Fehlerpunkt.
🚫 Null-Checks & Pflichtfelder
Ein Klassiker: Manche Felder dürfen niemals leer sein – etwa customer_id
, order_date
oder email
.
Ein typischer Fehler: Der Datensatz existiert, aber ist faktisch unbrauchbar, weil Schlüssel fehlen. Deshalb lohnt sich hier eine einfache, aber effektive Regel: Kein Pflichtfeld ohne Inhalt.
🎯 Wertebereiche & Referenzdaten
Oft gibt es bekannte Grenzwerte oder erlaubte Werte, z. B.:
Umsatz > 0
Alter < 120
Ländercode ∈ (
['DE', 'FR', 'US']
)Status ∈ (
['active', 'inactive', 'deleted']
)
Auch Referenzen zu anderen Tabellen (Foreign Keys) kannst du hier mit einbeziehen – das ist besonders wertvoll, wenn du die Daten später mit anderen Systemen verknüpfst.
🧍 Dubletten-Checks
Ein stiller Killer in der Datenqualität: Dubletten. Besonders bei Personen, Produkten oder Transaktionen.
Mögliche Prüfungen:
Eindeutigkeit von
primary keys
Kombination aus mehreren Feldern (
email
,signup_date
)Hash-basierte Deduplizierung
Wichtig ist: Du musst nicht nur prüfen, ob Dubletten vorkommen, sondern auch, wie häufig – ein gewisses Maß ist je nach Datenquelle manchmal normal.
📐 Businessregeln
Diese Kategorie ist meist projekt- oder domänenspezifisch – aber entscheidend:
Kein Kunde darf mehr als einen aktiven Vertrag haben
Die Summe der Einzelposten muss mit dem Gesamtbetrag übereinstimmen
Der Abschluss darf nicht vor dem Startdatum liegen
Diese Regeln kannst du oft gemeinsam mit Fachbereichen entwickeln – sie sind ein wichtiger Teil des fachlichen Vertrauens in die Daten.
Im nächsten Kapitel werfen wir einen Blick auf die Tools, mit denen du solche Tests umsetzen kannst – von Low-Code-Frameworks bis hin zu programmatischen Ansätzen mit Python.
Tools & Frameworks für Datenqualitätstests
Die gute Nachricht: Es gibt inzwischen eine ganze Reihe von Tools, die dich beim Testen von Datenqualität unterstützen – von deklarativen Frameworks bis zu voll integrierten Lösungen für Databricks. Die Wahl hängt stark davon ab, wie flexibel oder standardisiert du arbeiten möchtest.
🧪 Great Expectations (GE)
Great Expectations ist eines der bekanntesten Open-Source-Frameworks für Datenqualität. Es erlaubt dir, Regeln – sogenannte Expectations – auf Tabellenebene zu definieren.
Beispiele:
expect_column_values_to_not_be_null("customer_id")
expect_column_values_to_be_between("age", min_value=0, max_value=120)
GE bietet auch eine gute Dokumentationserstellung, automatische Profilerstellung und Integration mit Tools wie Airflow oder Databricks.
👉 Ideal für Teams, die deklarativ und teamübergreifend arbeiten wollen.
🧰 Soda Core & Soda Cloud
Soda bietet mit Soda Core ein leichtgewichtiges CLI-Tool, mit dem man YAML-basierte Datenqualitätschecks definieren kann. Mit Soda Cloud kommt noch ein zentrales Dashboard zur Überwachung dazu.
Beispielhafte Regel in YAML:
👉 Besonders geeignet für Monitoring und schnelles Alerting – auch für non-tech Nutzer gut lesbar.
🔗 Delta Live Tables & Expect-Anweisungen
Databricks selbst bietet mit Delta Live Tables die Möglichkeit, EXPECT
-Regeln direkt in den Code einzubauen:
Solche Regeln stoppen den Pipeline-Run entweder, warnen oder entfernen eine Zeile automatisch bei Regelverletzung – und liefern direkt Feedback im Monitoring-UI.
👉 Besonders stark, wenn du sowieso mit DLT arbeitest und „Data Quality as Code“ direkt im Prozess integrieren willst.
🧑💻 Custom Checks mit Pytest + Spark
Für maximale Flexibilität kannst du mit Pytest und Spark DataFrames auch komplett eigene Tests bauen.
Beispiel:
Diese Methode lässt sich super in bestehende CI/CD-Prozesse integrieren – erfordert aber mehr Aufwand und Know-how.
Je nach Projektgröße und Teamstruktur kann auch eine Kombination sinnvoll sein. Im letzten Kapitel schauen wir uns an, wie du deine Tests nachhaltig und teamfähig organisieren kannst.
Testorganisation & Best Practices im Team
Einmalige Tests sind gut – nachhaltige, integrierte Teststrategien sind besser. Wenn du möchtest, dass Datenqualität in deinem Team ernst genommen wird, brauchst du Strukturen, Standards und klare Verantwortlichkeiten.
📁 Tests versionieren & modularisieren
Behandle Tests wie Code:
Speichere Tests im Repository
Nutze klare Namenskonventionen (
test_customer_data_quality.py
)Strukturiere nach Themen oder Tabellen
Trenne fachliche von technischen Tests
So wird nachvollziehbar, welche Regel wann eingeführt wurde – und du kannst Tests mit Code- oder Pipeline-Änderungen gemeinsam deployen.
🔄 Automatisieren, wo es sinnvoll ist
Integriere deine Datenqualitätstests in bestehende Prozesse:
Nutze CI/CD-Pipelines, um Tests bei jedem Commit laufen zu lassen
Plane regelmäßige Testläufe auf Produktionsdaten
Setze Alarme bei Testfehlschlägen – aber mit Augenmaß
Nicht alles muss 100 % automatisiert sein – aber kritische Checks sollten zuverlässig laufen.
👥 Fachbereiche einbinden
Viele der wichtigsten Regeln kommen nicht von der Technik, sondern aus dem Business:
Was ist ein „gültiger“ Kunde?
Wann ist eine Bestellung „abgeschlossen“?
Welche Statuskombinationen sind erlaubt?
Lass Fachbereiche mitdefinieren, reviewen und mitverantworten, was geprüft wird. Tools wie Great Expectations oder Soda helfen hier mit lesbarer Syntax und Reporting.
📊 Reporting nicht vergessen
Nur getestete Regeln helfen nicht – sie müssen auch sichtbar gemacht werden:
Wie viele Datenqualitätstests sind definiert?
Wie viele schlagen regelmäßig fehl?
Welche Tabellen machen immer wieder Ärger?
Ob über Dashboards, E-Mail-Alerts oder Notebooks: Sichtbarkeit schafft Verantwortlichkeit.
Mit einem sauberen Setup, klarer Kommunikation und dem richtigen Werkzeugkoffer wird Datenqualität vom Einzelprojekt zur Teamkompetenz. Und das zahlt sich aus – für dein Vertrauen in die Daten genauso wie für deine Stakeholder.
Fazit
Datenqualität ist kein „Nice-to-have“, sondern ein zentraler Erfolgsfaktor für jedes datengetriebene Unternehmen. Wer schlechte Daten verarbeitet, trifft schlechte Entscheidungen – ganz gleich, wie modern der Tech-Stack ist.
Mit einer durchdachten Teststrategie, den richtigen Tools und klaren Verantwortlichkeiten kannst du Data Quality Testing fest in deine Workflows integrieren – ohne Overhead, aber mit spürbarem Mehrwert.
Und das Beste: Je früher du anfängst, desto weniger musst du später reparieren.